Zecken - Gefahr in der Natur
Ich werde nie den Moment vergessen, als meine kleine Tochter vor mir stand und leise sagte: “Mami, ich kann nicht mehr lächeln!”.
Es war an einem Samstag. An diesem Tag dachte ich, dass meine Tochter wohl schlechte Laune hat. Sie machte ein böses Gesicht und wollte ihre Ruhe haben. “Naja, dann lasse ich sie eben”, dachte ich.
Ich hatte auch keine Zeit, mich um schlechte Laune zu kümmern. Wir waren bei Freunden eingeladen und so musste ich alles einpacken, was man für einen Nachmittag bei Freunden braucht, wenn man drei kleine Kinder hat: Natürlich ein Geschenk, aber auch Windeln, Wechselkleidung, Matschhosen …
Erst, als wir gerade losfahren wollten, kam dieser Satz: “Mami, ich kann nicht mehr lächeln!”
Sie konnte eine Gesichtshälfte nicht mehr bewegen!
Vielleicht war es ja nur ein Mückenstich - hofften wir. Immerhin ging es ihr sonst gut, sie hatte keine Schmerzen und kein Fieber.
Wir fuhren also los zu unseren Freunden. Als es aber nach zwei Stunden nicht besser war, ging es zum Arzt in der Bereitschaftspraxis. Der Arzt stellte fest, dass ihre linke Gesichtshälfte tatsächlich gelähmt war und sie noch nicht einmal ihr linkes Auge schließen konnte. Sofort schickte er uns weiter ins Krankenhaus, wo sie (und natürlich auch ich) dann mehrere Tage bleiben mussten.
Die Diagnose:
Unsere Tochter hatte Borreliose - eine Krankheit, die von Zecken übertragen wird.
Was sind Zecken?
Die Zecke ist biologisch gesehen ein Spinnentier. Sie ist ein Parasit, den es fast auf der ganzen Welt gibt. Ihre Nahrung ist Blut von Menschen und Wirbeltieren wie Hunden oder Katzen.
Wenn sich die Zecke mit Blut vollsaugt, wird sie schwerer und größer. Ist die Zecke vollgesogen, lässt sie sich einfach fallen.
Mit einer einzigen Mahlzeit kann eine Zecke sehr lange überleben. Im Labor konnten Zecken bis zu zehn Jahre lang ohne eine weitere Mahlzeit weiterleben!
In freier Natur lebt sie im Durchschnitt drei bis fünf Jahre. Normalerweise leben männliche Zecken bis nach der Begattung, Weibchen sterben nach der Eiablage.
Entwicklungsstadien der Zecke
Eine Zecke hat drei verschieden Entwicklungsstadien, in denen sie sehr unterschiedlich aussieht.
Zeckenlarve: Die Larven der Zecke sind weiß und bis zu 0,5 Millimeter groß. Sie haben nur 3 Beinpaare.
Nymphe: Das ist die Zecke als Jugendliche. Nymphen sind etwa 1–2 mm groß. Ihr Körper ist weiß bis durchsichtig.
Erwachsene Zecke: Sie werden etwa 2-4 mm groß. Weibchen können vollgesogen sogar bis zu 12 mm groß werden. Die weibliche Zecke braucht jetzt noch eine weitere Blutmahlzeit für die Eiablage.
Für jeden Entwicklungsschritt brauchen Zecken eine Blutmahlzeit.
Warum sind Zecken gefährlich?
Wenn eine Zecke mit einem Krankheitserreger infiziert ist, dann kann sie diese Infektion an einen Menschen weitergeben.
In Deutschland gibt es zwei wichtige Krankheiten, die von Zecken übertragen werden: Borreliose und FSME.
Wo kann ich Zecken bekommen?
Viele Menschen glauben, dass sich Zecken von Bäumen fallen lassen. Das ist aber nicht richtig.
Am liebsten sitzen Zecken auf Pflanzen in einer Höhe von 30 bis 60 Zentimetern. Sie sind auf Gräsern, in Büschen und auf Wiesen. Man findet sie im Wald, aber auch im Park, auf Spielplätzen oder im eigenen Garten.
Wenn Menschen oder Tiere an diesen Pflanzen vorbeigehen, streifen sie die Zecke ab. Die Zecke krabbelt dann an ihnen hoch und sucht sich einen sicheren Platz.
Zu welcher Jahreszeit gibt es Zecken?
Zecken werden aktiv, sobald es an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen 5–7 Grad Celsius oder wärmer ist.
Durch den Klimawandel steigt die Durchschnittstemperatur immer weiter an.
Das bedeutet: fast das ganze Jahr können wir Zecken begegnen - sogar im Winter!
Wie erkenne ich, ob ich eine Zecke habe?
Eine Zecke braucht viel mehr Blut als eine Stechmücke. Deswegen hängt sie sich bis zu 15 Tage an ein Tier oder an einen Menschen und trinkt Blut.
Oft merkt man das aber gar nicht.
Zecken suchen sich an ihrem Opfer eine Stelle, an der sie geschützt sind: Zum Beispiel beim Menschen zwischen den Haaren, in den Achselhöhlen oder im Genitalbereich.
Blut lässt die Zecke wachsen. Eine Zecke, die viel Blut getrunken hat, kann bis zu 200-mal so viel wiegen kann wie eine hungrige.
Wenn du danach suchst, wirst du die Zecken auch finden: erst ist sie wie eine kleine Kugel und irgendwann wird sie richtig groß. Wenn du die Zecke vorsichtig anschaust, wirst du auch die Beine entdecken.
Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Zecke ganz unterschiedlich aussehen kann, je nachdem, in welchem Entwicklungsstadium sie ist.
Wie kann ich die Zecke entfernen?
Egal, ob beim Mensch oder beim Haustier: Wenn du eine Zecke entdeckst, solltest du sie sofort aus der Haut ziehen.
Ich benutze immer eine Zeckenkarte oder eine spezielle Zeckenzange bzw. Pinzette, die man in der Apotheke bekommt. Lass dich dort am besten beraten.
Wichtig ist, dass die ganze Zecke mit ihrem Stachel rausgezogen wird!
Früher hat man auch empfohlen, Öl oder Klebstoff auf die Zecke zu tropfen - das empfiehlt man heute nicht mehr!
Welche Krankheiten übertragen Zecken?
Zecken können verschiedene gefährliche Krankheitserreger übertragen.
Dazu gehören
Borrelien (Bakterien, die die Lyme-Borreliose verursachen können) und
die Viren der Frühsommer-Meningoenzephalitis (kurz FSME). FSME ist eine Erkrankung der Hirnhäute und des zentralen Nervensystems. Sie ist nicht mit Medikamenten heilbar. In schweren Fällen kann sie sogar tödlich sein kann.
FSME-Viren können nach dem Stich sofort in die Wunde übergehen.
Bei Borrelien geht man davon aus, dass sie erst nach mehreren Stunden übertragen werden.
Deswegen sollten Zecken möglichst schnell entfernt werden.
Wie hilft die Zeckenimpfung?
Die Zeckenimpfung schützt vor FSME.
Kinder können ab einem Jahr gegen FSME geimpft werden.
Gegen Borreliose gibt es noch keine Impfung für Menschen.
Am besten sprichst du mit deinem Arzt über dieses Thema!
Erste Anzeichen für eine Krankheit, die durch Zecken übertragen wurde
Ein Zeckenstich selbst unterscheidet sich nicht von einem Mückenstich. Oft bemerkt man den Stich gar nicht, denn er ist schmerzfrei und juckt auch nicht immer.
Das bekannteste Symptom für eine Infektion ist eine ringförmige Hautrötung um die Einstichstelle („Wanderröte“).
Sie ist das typische Zeichen für eine Infektion mit Borrelien.
Wenn man eine Einstichstelle bemerkt, sollte man sie gut deswegen beobachten und vielleicht markieren, um Veränderungen wie Schwellungen oder Rötungen zu erkennen.
Bei einer FSME-Infektion gibt es dieses Symptom nicht.
Stattdessen gibt es am Anfang Symptome wie Müdigkeit, Fieber, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Gliederschmerzen auf.
Wie kann ich mich vor Zecken schützen?
Am besten ist es natürlich, wenn man gar keine Zeckenstiche bekommt.
Lange Hosen und feste Schuhe sind ein guter Schutz, damit Zecken nicht am Körper hochkrabbeln können. Wenn man lange durch hohes Gras und Büsche läuft, kann man auch die Hosenbeine in die Strümpfe stecken.
Für Kinder sind Matschhosen und Gummistiefel ideal!
Auch ein Zeckenspray kann helfen. Es wirkt (und riecht) genau wie ein Mückenspray.
Wichtig: nach jedem Aufenthalt in der Natur sollte man den Körper gründlich nach Zecken absuchen.
Bei meiner Tochter konnte die Borreliose zum Glück mit starken Antibiotika behandelt werden. Die Lähmung ging nach einigen Tagen zurück und verschwand dann ganz.
Wenn du aus einem Land kommst, in dem es diese Gefahr nicht gibt, hoffe ich, dass dir diese Informationen helfen, damit du dich und deine Familie schützen kannst.
Denn - natürlich gehen wir mit unserer Familie weiter in die Natur.
Aber für mich als Mutter ist wichtig: die Impfung schützt vor FSME und nach einem lustigen Nachmittag im Wald oder auf der Wiese suchen wir gründlich nach Zecken.
Hast Du weitere Fragen?
Im Zweifel frage bitte immer einen Arzt oder Apotheker!
Wortschatz
Die Gesichtshälfte - one side side of the face
gelähmt - paralyzed
das Spinnentier – arachnide
das Wirbeltier - vertebrate
saugen – to suck
sich vollsauagen - ~ to feed oneself
im Durchschnitt – an average
die Entwicklung - the development
das Stadium – stadium / stage
das Entwicklungsstadium - the stage of development
die Larve – larva
der Krankheitserreger – pathogen
FSME/ Frühsommer-Meningoenzephalitis – TBE /tick-borne encephalitis
abstreifen - brush off
aufeinanderfolgend - consecutive
die Achselhöhle - armpit
übertragen – to transmit
die Hirnhaut - meninges
das zentrale Nervensystem - central nervous system
ringförmige Hautrötung - ring-shaped reddening
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