Perfekt mit haben oder sein? – einfach erklärt
- Charlotte
- vor 6 Stunden
- 5 Min. Lesezeit
Gestern haben wir uns mit Freunden getroffen und sind mit ihnen ins Kino gegangen.
Beide Sätze stehen im Perfekt – aber mit unterschiedlichen Hilfsverben.
Warum also haben getroffen, aber sind gegangen?
Hier kannst du die passende Episode im Uplevel Your German Podcast anhören:
Wenn du in ein Grammatikbuch schaust, findest du wahrscheinlich viele Regeln:
Zuerst, wann du haben benutzt, dann, wann du sein benutzt.
Und ja – das kann auf den ersten Blick ziemlich entmutigend sein.
Ich erinnere mich noch, wie ich am Anfang meiner Unterrichtszeit selbst alle Regeln lernen musste. Ich sage die Formen natürlich automatisch richtig – aber zu erklären, warum, war gar nicht so einfach!
Genau deshalb sind auch viele meiner Grammatikartikel entstanden. Ich wollte verstehen, warum etwas funktioniert – und wie man es einfach erklären kann.
Und genau so war es auch beim Thema: Perfekt mit haben oder sein.
🕰️ Was ist das Perfekt überhaupt?
Das Perfekt ist eine Vergangenheitsform.
Du benutzt es, wenn du über etwas sprichst, das schon passiert ist – also gestern, letzte Woche oder vor zehn Jahren.
Beispiel:
Ich habe gegessen.
Ich bin ins Kino gegangen.
Das Präteritum (ich aß, ich ging) brauchst du im schriftlichen Deutsch – in Büchern, Nachrichten oder Erzählungen.
Aber im Alltag, also beim Sprechen, verwenden wir fast immer das Perfekt.
👉 Beim Sprechen: Perfekt
👉 Beim Schreiben: oft Präteritum
🧩 Bildung des Perfekts
Das Perfekt bildest du mit:
haben oder sein + Partizip II
Beispiele:
Ich habe gearbeitet.
Ich bin gekommen.
Das Partizip II ist die Form, die oft mit ge- beginnt und auf -t oder -en endet:z. B. gearbeitet, gekommen, passiert, geschlafen.
📚 Konjugation von haben und sein
Zur Wiederholung:
haben | sein |
ich habe | ich bin |
du hast | du bist |
er/es/sie hat | er/es/sie ist |
wir haben | wir sind |
ihr habt | ihr seid |
sie haben | sie sind |
Das Partizip II bleibt gleich – nur das Hilfsverb verändert sich.
Beispiel:
👉 Sie hat gearbeitet.
👉 Er ist gekommen.
Hier findest du die wichtigsten unregelmäßigen (= starken) Verben auf einen Blick:
💡 Wie du dir das System merken kannst
Im Deutschen bilden etwa 85 bis 90 % der Verben das Perfekt mit haben.
Nur eine kleine Gruppe – etwa 10–15 % – benutzt sein.
Diese sein-Verben hörst du aber trotzdem oft, weil sie sehr häufig vorkommen: gehen, kommen, fahren, aufstehen …
Wenn du diese kleine Gruppe kennst, dann weißt du automatisch:
👉 Alle anderen Verben stehen mit haben.

🚶 Verben mit sein
1️⃣ Intransitive Verben der Fortbewegung
Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach: Fortbewegung bedeutet, dass sich jemand oder etwas von einem Ort zu einem anderen bewegt.
Typische Verben sind:
gehen, kommen, fahren, fliegen, laufen, schwimmen, rennen, steigen …
👉 Beispiele:
Ich bin nach Hause gegangen.
Er ist nach Berlin gefahren.
Wir sind in die Türkei geflogen.
In allen Sätzen bewegt sich die Person von einem Ort zum anderen. Und genau deshalb brauchst du im Perfekt sein.
Was bedeutet „intransitiv“?
Ein intransitives Verb kann kein Akkusativobjekt haben.
Du kannst also nicht fragen: Wen oder was?
Beispiel:
Ich gehe. (⚠ Wen oder was gehe ich? – funktioniert nicht!)
Ich komme. (⚠ Wen oder was komme ich? – auch nicht!)
Diese Verben funktionieren allein, ohne ein direktes Objekt.
Und genau diese intransitiven Bewegungsverben bilden das Perfekt mit sein.
2️⃣ Intransitive Verben der Zustandsveränderung
Die zweite Gruppe sind Verben, bei denen sich ein Zustand verändert –
also: Etwas war vorher so, und danach anders.
Beispiele:
Das Baby ist eingeschlafen. (von wach → schlafend)
Max ist aufgestanden. (von liegend → stehend)
Das Mädchen ist gewachsen. (von klein → groß)
Thomas ist krank geworden. (von gesund → krank)
Auch hier gilt: kein Akkusativobjekt (also sind die Verben intransitiv)
klare Veränderung = sein im Perfekt.
⚡ 3️⃣ Ereignisverben
Ereignisverben beschreiben etwas, das einfach passiert – ohne dass jemand aktiv etwas tut.
Sie drücken also ein Geschehen aus.
Typische Beispiele:
Es ist passiert.
Es ist geschehen.
Es ist vorgekommen.
Alle bedeuten etwa: It happened.
👉 Auch Verben wie gelingen und misslingen gehören in diese Gruppe:
Der Plan ist gelungen.
Der Versuch ist misslungen.
Diese Verben beschreiben also kein Handeln,sondern ein Ereignis, das von selbst passiert.
🧱 4️⃣ Die Klassiker: sein, bleiben, werden
Diese drei Verben bilden immer das Perfekt mit sein:
sein → Ich bin in München gewesen.
bleiben → Ich bin zu Hause geblieben.
werden → Er ist Polizist geworden.
🧩 Alle anderen Verben: haben
Wenn du die Regeln für sein kennst, dann ist alles andere ganz einfach:
👉 Alle anderen Verben stehen mit haben.
Das sind:
transitive Verben
reflexive Verben
Modalverben
unpersönliche Verben
und intransitive Verben mit Dativ- oder Präpositionalergänzung
🔹 a) Transitive Verben
Ein transitives Verb kann ein Akkusativobjekt haben.
Du kannst also fragen: Wen? oder Was?
Beispiele:
Ich habe das Buch gelesen.
Wir haben einen Film gesehen.
Die Kinder haben den Schlüssel gesucht.
Hier passiert zwar etwas, aber es gibt keinen Ortswechsel und keine Zustandsänderung.
Darum: Perfekt mit haben.
🔹 b) Reflexive Verben
Reflexive Verben sind Verben mit sich:
sich freuen, sich treffen, sich beeilen.
👉 Beispiele:
Ich habe mich geduscht.
Wir haben uns getroffen.
Er hat sich beeilt.
Diese Verben stehen immer mit haben.
Ganz einfach zu merken: Reflexiv = haben.
🔹 c) Modalverben
Modalverben (können, müssen, dürfen, wollen, sollen) brauchen im Perfekt ein zweites Verb im Infinitiv.
👉 Beispiele:
Ich habe arbeiten müssen.
Er hat gehen wollen.
Auch hier steht das Hilfsverb haben.
🔹 d) Unpersönliche Verben
Das sind Verben mit es als Subjekt – oft Naturereignisse oder Situationen.
Beispiele:
Es hat geschneit.
Es hat geregnet.
Es hat geblitzt.
Es hat geklopft.
Diese Verben stehen immer mit haben.
🔹 e) Intransitive Verben mit Dativ- oder Präpositionalergänzung
Diese Verben haben kein Akkusativobjekt, aber sie brauchen trotzdem ein anderes Element – zum Beispiel ein Dativobjekt oder eine Präposition.
Das Verb selbst bleibt aber intransitiv, weil es kein Akkusativobjekt haben kann.
Beispiele:
Ich habe dem Freund geholfen.
Ich habe auf den Bus gewartet.
Ich habe mit ihm gesprochen.
Hier gibt es keinen Ortswechsel und keine Zustandsänderung – also haben.
Und falls du die unregelmäßigen (=starken) Verben auf einen Blick sehen möchtest, kannst du dir hier dein PDF herunterladen:
Fazit: So merkst du dir die Regeln leicht
Wenn du weißt, wann du sein brauchst, dann weißt du automatisch,dass du in allen anderen Fällen haben nimmst.
👉 Bewegung oder Veränderung = sein
👉 Alles andere = haben
Also:
Wenn du die Regeln für sein kennst,
brauchst du die für haben gar nicht mehr auswendig zu lernen.
Ich hoffe, das Thema ist jetzt klarer für dich und du fühlst dich sicherer, wenn du Sätze im Perfekt bildest.